Die Commandantes sind seit einiger Zeit Geschichte. Die zahlreichen Besetzungswechsel haben am Ende zu einer Konstellation geführt, die sich auf einen weiteren gemeinsamen musikalischen Weg leider nicht mehr einigen konnte. Und deshalb gibt es nun für die straighte Punkrockseite die Kapelle Vorwärts und die probierfreudigern Ex-Commandantes spielen nun bei den Caminos.
Nachdem bereits eine groß rockende CD der Caminos vorliegt, sollte nun das JZ Oerlinghausen mit seiner heimeligen, aber temperaturschwachen, Atmosphäre für das Live-Debut herhalten. Als Nichtbesitzer eines Autos habe ich mich an die Band gehängt, um nach Oerlinghausen hin und vor allem auch von da wieder zurück nach Hause zu gelangen. Treffpunkt in Bielefeld war gleich erstmal der Arbeitsplatz vom Gitarristen Chris und auch Bassist Jones kam ohne Ruhepause direkt vom Erwerbsalltag herangespült.
Dazu gesellten sich noch Drummer Locke, Sänger Thorsten und für den letzten freien Platz in der Fahrgemeinschaft Chris' Freundin Yvonne.
Bisher bin ich erst einmal im JZO gewesen, während einer Veranstaltung sollte das nun aber mein Debut sein. Dass traf sich mit dem Auftrittsdebut dann ja ganz gut. „Brr, kalt, kalt kalt”, murmelte es händereibend von allen Seiten nach der Ankunft. In den Backstageräumen stand allerdings ein Ofen, so dass es dort fast warm war.
Als erste Band spielte Echo, die gleich von umme Ecke kamen. Eine junge Band, deren Gitarrist Beutlin vor dem Gig immer wieder neidvoll von Chris' Fähigkeiten am Instrument schwärmte und sich selbst zum Opfer seiner dürftigen Ambitionen erklärte. Ja, wenn man auch nächtelang am Computer um die Wette daddelt, um den Posten des Klassensprechers zu erreichen, dann fehlt die Zeit zum Erreichen höherer Gitarrenkünste.
Leider habe ich vom Auftritt nur sehr wenig mitbekommen, fand das aber sehr charmantes Gerumpel im Geiste frühen Punkspirits. Bei Gelegenheit schau ich gerne nochmal vorbei für eine weitere Portion Echo. Den nächsten Auftritt in Bielefeld am 27. März im Bunker Ulmenwall werde ich da aber nicht mitnehmen können, weil ich da selbst aktiv als DJ in Bünde (Villa Kunterbunt) unterwegs bin.
Hauptact sollten die Elektroboys sein, die entgegen ihres aktuellen Plattentitels „Berlin“ aus Hessen kommen. Und entgegen ihres Namens spielten sie zwar elektrisch mit Gitarre und Bass, aber elektronisch war auch das Schlagzeug nicht. Und Songtitel haben die, dass die ca 140 × 117 mm auf der CD-Tray-Rückseite kaum ausreichen. Neben mit sauberer Interpunktion versehenen Titeln wie „An Gott eine SMS. Gib mir Revolution. Denn alle reden viel und jeder will was tun.“ Da die Elektroboys pünklich aus dem Haus wollten, überredeten sie die Caminos zum Spielzeitentausch. Dabei haben sie dann noch verschwiegen, dass die Monitorboxen ihre eigenen waren – und mit einem Großteil des Publikums schien es sich ganz ähnlich zu verhalten.
Da ich im Kneipenraum in Gespräche verwickelt war, bekam ich von den Elektroboys auch nur marginal etwas mit, wenn ich zum Pinkeln durch den niedlich kleinen Konzertraum zur Toilette musste. Die Band spielte sehr tight und klang sehr professionell. Aber auch jetzt nachträglich nochmal auf Myspace reingehört, sind die Boys nicht so ganz mein Ding.
Nachdem die Elektroboys ihre Monitorboxen weggeschafft hatten und sich das JZO schon deutlich geleert hatte, durften die Caminos zum Blindflug starten. Ich im Publikum nahm eine erstaunlich gute Akustik wahr. Der Raum war auch immer noch locker gefüllt. Ein tüchtiges Rockbrett legte die Band uns vor die Füße, krachig und virtuos. Ein niegelnagelneuer Song zitierte sehr ansprechend sogar die Hip-Hop/Hardcore-Crossover-Welle der 90er. Und ratzfatz war der Spaß auch schon wieder vorüber. Thorsten wies hinterher noch darauf hin, dass die von ihm getragenen Handschuhe kein Showelement gewesen seien und auch Chris sah sein Gitarrenspiel am Anfang des Sets von kältesteifen Fingern leicht beeinträchtigt. Aber das sind auch bloß Randnotizen zu einem geilen Konzert.