Doctor Krapula + Randale – 16. Juli 2011, JZ Kamp, Bielefeld

Montag, 20. Juni 2011 um 13:47 Mars Galliculus
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Was mich an diesem Abend ins Kamp gelockt hatte, war in erster Linie Randale. Die Band hatte angekündigt, ihr Kinderliederprogramm zum „Rock'n'Roll-Elternabend“ einmal ohne Rücksicht auf im Wachstum befindliche Kinderohren zu spielen – also mit ein bisschen mehr Schmackes und auch ohne Verzicht auf Alkohol und pädagogisch fragwürdiges Vokabular.

Bevor es losging, durfte ich noch eine sympatische Neubielefelderin kennenlernen. Meine Laune war dann auch auf dem Level, der nötig ist, um mir betont sonnige Musik mit Freude anzuhören. Aber vielleicht hätten mich Doctor Krapula ja sogar von einer Miesepetrigkeit abgeholt und mitgenommen. Das gilt es vielleicht noch irgendwann zu eruieren.

Aber erstmal gab es Bielefelds Monsters of Kinderrock auf der Bühne. Zum ersten Mal hörte ich Randale live in laut. Leider blieben Gitarre und Bass vom Volumen etwas hinter dem Schlagzeug zurück. Aber das war nur eine kleine Unzulänglichkeit. Die Band versprühte in ungedrosselter Form ihre volle Portion Spielfreude und die bekannten Kinderlieder bekamen einen ganz neuen Anstrich.

Die Ansagen inclusive Animationsprogramm übernahm Sänger Jochen größtenteils aus dem regulären Programm. Das heißt, auch an diesem Abend erklärte er dem Publikum, Skatanzen sei wie Dauerlaufen auf der Stelle, fragte in die Menge, wer sich regelmäßig die Zähne putze und bei wem der Zahnarzt schon mal gebohrt hätte. Da er an diesem Abend mal kein Funkmikro hatte, musste er auf die Anführung des Danse Polonaise zu „Auf der Mauer, auf der Lauer“ verzichten, delegierte dies dann aber auf mich. So führte ich also die mir hinten anhängende Raupe durch den Konzertraum.

Randale einmal in dieser Form war ein großer Spaß. Ich denke nicht nur der Hardrockhase Harald und ich würden uns freuen, wenn das bei Gelegenheit nochmal wiederholt wird.

Von Doctor Krapula hatte ich mir nicht wirklich viel erwartet. Ich ließ mir sagen, die wären toll und so wie Panteon Rococo. Toll und Panteon Rococo empfand ich als Paradoxum, weil ich Panteon Rococo immer als aufdringlich überdrehte Trallala-Musik empfunden habe. Also war mein Plan, mir ein paar Stücke von Doctor Krapula anzuhören und dann wahrscheinlich recht früh nach Hause zu fliehen. Nun kam mir aber erstmal zugute, dass ich bereits angenehm voramüsiert war und außerdem erwies sich Doctor Krapula als ein musikalisches Kaliber, was sich mit meinen Latino-Ska-Vorurteilen nicht decken wollte.

Doctor Krapula einfach stumpf in die Latin-Ska-Schublade zu stopfen, würde ihnen nicht gerecht, wenngleich es auch nicht komplett daneben wäre. Das Gemisch aus Reggae, Ska, Rock, Punk, Cumbia, weiteren Latin-Rhythmen, ein bisschen Hip-Hop und noch der einen oder anderen weiteren Zutat wurde sehr variantenreich gebraut, sodass keine Eintönigkeit aufkam. Und bei aller Sonnigkeit hatte das auch immer noch musikalische Tiefe.

Der Bassist ließ seine Finger locker über seine 5-Saiten huschen, als wär das nix und sprang dabei durch die Luft, als spielte er in einer Hüpfburg. Der Gitarrist streute virtuose Hardrock-Soli ein. Als kurzzeitig der Keyboarder/Akkordeonspieler und der Schlagzeuger alleine auf der Bühne gelassen wurde, sorgte vor allem das Solo des Schlagzeugers für begeistertes Erstaunen im Publikum.

Meine anfänglichen Vorbehalte waren schnell weggeblasen und an ihre Stellung war ausgelassene Begeisterung getreten und meine Beine wollte auch beileibe nicht lange stillstehen. Den wirklich ungenehmen Muskelkater in der linken Wade an den Folgetagen hatte ich aber definitiv nicht Doctor Krapula zu verdanken, sondern einzig und allein dem Randale-Song „Flummi“. Mir drängt sich da ja glatt eine neue Theorie zum Aussterben des Pogos in Deutschland auf. Pfiffigerweise trägt der Slamdance hierzulande den Decknamen Pogo, sodass das Fehlen des ursprünglichen Pogo-Tanzes meist nur den Punk-Senioren auffällt. „Flummi“ wird von Randale als Gegenmaßnahme für den Wiederansiedelungsversuch von Pogo in Kinderzimmern genutzt – ein löbliches Engagement.


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Aktualisiert ( Montag, 20. Juni 2011 um 15:14 )