Hasan Ali Toptas – „Die Schattenlosen“ Roman

Samstag, 20. Februar 2010 um 17:21 Mars Galliculus
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Erst hatte ich den Film gesehen, war gleichsam beeindruckt und verwirrt. Ich liebe ja Filme, die ich nicht (gleich) verstehe. Die können dann noch schön in mir weiterarbeiten, sind noch nicht zuende, wenn der Fernseher schon aus ist. Als ich dann gelesen hatte, dass es sich bei „Gölgesizler“ (Die Schattenlosen) um eine Literaturverfilmung handelte und Autor Toptas (dessen Namen ich gerne richtig schreiben würde, aber das scheint grad technisch nicht möglich … gesprochen: Toptasch) als einer der interessantesten aktuellen Autoren der Türkei gehandelt wird, habe ich mir doch gleich den Roman ins Haus geordert.

Da der Film den Film selbstverständlich nur eingeschränkt umsetzen konnte, brachte mir das Buch dann doch etwas Licht ins Dunkel. Hauptfigur ist im Prinzip der Autor selbst, der beim Friseur sitzt und die dortigen Erlebnisse als Inspiration in seine Fiktion einfließen läßt. Irgendwann dreht sich das und Elemente und Figuren aus seiner Geschichte tauchen wieder in der Realtität auf. Aber natürlich ist die Realität auch nur Fiktion und überhaupt überschneidet sich das eh alles. Das alles kann man als philosophische Betrachtung vom Verhältnis zwischen Realität, Wahrnehmung und Vorstellung sehen. 

Die Kerngeschichte dreht sich um einen Bürgermeister, sein Dorf und das mysteriöse Verschwinden dessen Einwohner. Menschen verschwinden, Menschen vervielfachen sich, und der namenlose Bürgermeister verzweifelt. Cenets Sohn, der selber auch ohne Namen bleibt, wird wegen seiner Sonderlichkeit zum Sündenbock gemacht und verfällt in Folge dem Wahnsinn. Toptas wies in Interviews darauf hin, dass der Name Cenet Paradies bedeutet. 

Immer wieder treffen die traditionelle und die moderne Türkei aufeinander, z. B. als der Bürgermeister sich um Hilfe suchend in die Kreisstadt aufmacht und dort verhöhnt wird. 

Vor allem die Bildsprache Toptas' hat mich  absolut eingenommen. Und für seine sybolträchtige Erzählweise ist der Vergleich mit Kafka oder auch Nabokov absolut angebracht. Gehört definitiv zum besten, was ich an aktueller Literatur so gelesen habe.

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Aktualisiert ( Samstag, 20. Februar 2010 um 18:08 )