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Leonard Cohen - "Live in London" CD

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Zum Besänftigen der Seele in aufwühlenden Zeiten war meine persönliche Wiederentdeckung von Mr. Cohen ein richtiger Glücksfall. Wenn meine Gedanken nachts im Bett rotieren und mich vom Einschlafen abhalten, dann bringt mich Leonard Cohen mit dunkler Stimme voller Schmelz wieder zur Ruhe und sanft in den Schlaf.

Die 2009er Konzerte hat es eigentlich nur gegeben, weil Cohens Ex-Manager die Kohle veruntreut und durchgebracht hat und nun wieder neue in die Kasse fließen musste. Diese Information klingt schäbig nach lustloser Pflichterfüllung. Aber die Aufnahme klingt keineswegs so, als hätte er keinen Spaß an der Sache gehabt.

In seiner Karriere, die sich über etwas mehr als 40 Jahre erstreckt, hat er einen Haufen Songs mit wundervoll dezenten Melodien geschrieben. Auf diesem Livealbum gibt es diese Songs in kunstvollen, traditionell instrumentierten Arrangements mit Country/Folk-Touch. Und wie schon bei John Lee Hooker, Howlin' Wolf oder Johnny Cash, verleiht das Alter dem über 70-jährigen Leonard Cohen eine noch ausdrucksstärkere Stimme mit dunklerem Timbre.

Und wer mit dieser Musik etwas anfangen kann, sollte sich unbedingt auch mal Oliver Dean anhören. Aber den empfehle ich ja nicht zu ersten Mal. 

(Sony)

Leonard Cohen

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HardSoul - "Die Ghettos müssen verrückt sein" CD

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Die Bielefelder Veröffentlichung des Jahres, will ich glatt behaupten. Schon vor mindestens anderthalb Jahren zog ein Video auf Youtube die Aufmerksamkeit auf sich. "Gib mal 'Baumheide Pumpen' ein", lautete die Empfehlung an mich. Und was für einen Hit gab es da. Erst machte man sich lustig über den prolligen Text der Ghetto-Kids aus Bielefeld-Baumheide. Doch nach einer Weile fiel dann doch auf, dass das Teil nicht nur richtig gut gemacht war, sondern einfach auch nicht mehr aus dem Kopf ging. "Pumpen" wurde der unverzichtbare lokale Partyhit. Und wenn man den Text nicht ganz ernst nimmt, dann ist der schon sehr witzig. Mittlerweile ist dann auch das Gerücht bei mir angekommen, die Band sei eigentlich ein Studentenscherz - ein sehr gelungener, mit herrlich überspitzten Asi-Texten.

Musikalisch dürfte das wohl unter dem Begriff Atzenmusik laufen. HardSoul mischen HIp Hop, Techno, Disco, R'n'B, Funk, Dancepop und so weiter. Bei so viel Zutaten kommen am Ende sehr unterschiedliche Stücke ohne Langeweile heraus. Dazu kann man am Wochenende dann "steil gehen" und hoffen, dass keine HardSoul-Typen reinkommen, die Frauen begrabschen und dir Wodkaflaschen an den Kopf werfen. Musikalisch und textlich liegen HardSoul zwischen dem Duo Frauenarzt/Manny Marc und K.I.Z., und da stehen sie auch im Plattenladenregal.

Neben "Pumpen" ("Ich mach dein Haus zum Sex") sind auch "Molotov" ("Bevor die Bullen kommen, fliegen hier die Boxen") mit Pogoteil und "Schneemann" heutige Hits und zukünftige Klassiker. Und weil's so schön ist, gibt's als Hidden-Track nochmal "Pumpen" im "Flashdance"-Style.

(667 One More Than The Devil)

HardSoul @ Myspace

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Aktualisiert ( Dienstag, 08. Dezember 2009 um 00:53 )
 

Caminos - "Radio Rebelde" CD

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Sucht man im Netz nach dem Begriff Caminos, so findet man zualleroberst einen Kaminhersteller mit dem Namen. Wobei der Begriff Camino so rein garnichts mit Kaminen zu tun hat - von der phonetischen Ähnlichkeit mal abgesehen. Camino ist die Straße, abrirse camino bedeutet, seinen Weg zu machen und sich durchzusetzen. Darum geht es bei den Caminos, mit alten Arbeiterliedern die Interessen der Straße, also des sogenannten Kleinen Mannes, durchzusetzen - zumindest auf musikalischer Ebene.

Die Idee ist hier in Bielefeld ja nicht neu, schließlich kennt man das von den Commandantes bereits. Caminos bestehen aus den ehemaligen Commandantes-Mitgliedern Chris, Jones und Bernd sowie Thorsten, der sonst bei die Schlimme Band singt. Nachdem es bei den Commandantes einen Haufen Umbesetzungen gegeben hat im Laufe des Bestehens, ist man am Ende bei einer Besetzung gelandet, die auf der Bühne zwar zusammen groß gerockt hat, aber für den weiteren Weg kein gemeinsames Ziel finden konnte. Und deshalb gibt es jetzt zwei Bands mit sozialistem Liedgut. Während Klaus und Mary mit Kapelle Vorwärts wieder richtig Old-School-Punkrock auf die Bühne bringen, haben die Caminos die versierteren Musiker an Bord, die die Band in eine ganz andere Richtung bringen. Das soll jetzt definitiv nicht als Abwertung der Kapelle Vorwärts verstanden werden!

Chris, der als letzter zu den Commandantes gestoßen war, hat seine Einflüsse ganz eindeutig vor allem aus dem Hardrock und Metal. So gibt es viele schneidende Riffs und mal melodische, immer virtuose Gitarrensoli. Bernd am Schlagzeug bleibt dabei unbeirrt der Rock'n'Roll- und Punkschlagzeuger, als den ich ihn schon seit seiner Zeit bei den Schiessern schätze. Und Ex-Notdurft Jones zeigt einmal mehr mit Wiedererkennungswert, dass ein guter Bassist keine Nebensache ist. Am Gesang stört mich bei manchen Stücken ein bisschen Thorstens Neigung, das jeweils letzte Wort einer Zeile übermäßig zu betonen und zu dehnen.

Die Scheibe fängt an mit einem Intro, dass mit schleppenden Drums und drückend wummernden Bass eine bedrohliche Atmosphäre schafft. Doch gleich darauf wehrt sich "Bet' und Arbeit'" gegen die Bedrohung ("Alle Räder stehen still, wenn mein starker Arm das will"). Die bekanntesten Lieder dürften hier wohl "Bella Ciao" und "Jenseits von Eden" (von Ton Steine Scherben, nicht Drafi Deutscher/Nino de Angelo) sein. Zwischen die beeindruckenden Hardrock-Punkklopper in transparenter und druckvoller Produktion hat sich in der Mitte auch "Hol' dir dein Recht" als flockiger Unplugged-Rock niedergelassen. Und auf "La vie s'écoule" gibt es wieder einmal das seltene, aber immer wieder erfreuliche Vergnügen, Bernd in der Sänger-Rolle zu hören.

Und da Thorsten nicht nur Sänger, sondern auch Grafik-Designer ist, erstrahlt das Digipak in einfacher, aber effektiver Optik.

Caminos @ Myspace

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Aktualisiert ( Samstag, 20. März 2010 um 21:47 )
 

Messer Chups, 3. Dezember 2009, Bielefeld, Falkendom

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Von früheren musikalischen Werken der Messer Chups angestachelt, empfand ich es als äußerst erfreuliche Nachricht im Terminkalender des Falkendoms, die Band sehr bald live erleben zu dürfen. Just drei Tage vorher habe ich die Konzertankündigung enteckt. Die Messer Chups waren mir als Projekt bekannt, dass Surfgitarren mit allerlei Einflüssen aus Exotica, anderen Easy-Listening-Spielarten und Klassik sowie massivem Sampling kombinierte. Inhaltlich und atmosphärisch waren vor allem frühe Horrorfilme prägend. Ein Favorit von mir ist das Stück "Tchaikovskiy Beat", in dem eine Orchesteraufnahme des guten alten "Nussknackers" mit Oleg Gitarkins Reverb-Gitarre duettiert.

Mittlerweile hat Gitarkin sein Ein-Mann-Projekt zu einer echten Band ausgebaut. Für Live-Darbietungen ist das ja nur von Vorteil. Der Falkendom füllte sich zögerlich, war dann aber irgendwann angenehm luftig gefüllt. Platz genug zum Tanzen, genug Leute für gute Stimmung. Die Band kam auf die Bühne und bot mit der Bassistin Zombierella schon einen sehr angenehmen Anblick. Bis dahin war mir garnicht bewusst, wie sehr mich solch lange Beine beeindrucken können. Ihre Kleidung verhüllte nur das notwendigste.

Das ganze Konzert über schoss ich eifrig ein Foto nach dem anderen von der Band und kam auf diese Weise irgendwie nicht so viel zum Tanzen, obschon es mich schon in den Beinen juckte. Wenn ich auf den Auslöser meiner Kamera drücke, so schießt dieser sein Bild immer erst mit einer kleinen, aber doch schon deutlichen Verzögerung. Das versaut einem so manches Bild und erschwerte es, das zauberhafte Lächeln von Zombierella einzufangen.

Aber natürlich stehen Frauen, die ich ansprechend finde, nicht nur basszupfend auf Konzertbühnen herum. Einen Tag zuvor bin ich an der Herforder Staße entlang spaziert, da fragte mich eine Radfahrerin nach dem Weg zur Zimmerstraße. Ich verstehe mich selbst nicht, warum ich die Zimmerstraße immer wieder mit der Friedensstraße verwechsele, so ähnlich klingen sich diese Namen ja nun auch wieder nicht. Vielleicht habe ich unbewusst das eigene Zimmer als Rückzugsort gespeichert, in dem man seinen Frieden haben kann. Das ist wohl eine Sache für Psychologen.

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Aktualisiert ( Samstag, 05. Dezember 2009 um 21:29 ) Weiterlesen...
 

Taugenix Fanzine Nr. 11

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"Wir haben beide Arten von Musik - Country UND Western." Daran muss ich unweigerlich denken, bei dem Konzept eines Deutschpunkfanzines. Es ist ähnlich eng gefasst wie ein Fachmagazin für Pommes mit Mayonnaise. Aber ein Feld von ZK bis Schrottgrenze ist letztendlich dann doch weiter als nur von einem fettigen Pommes-Ende zum anderen.

Nachdem mir zwischenzeitlich zwei/drei Ausgaben komplett entgangen sind, fällt mir gleich das verbesserte Layout auf. An der Stelle bin ich aber gerne nochmal richtig konstruktiv und empfehle den Machern, mehr einspaltige Texte ruhig zwei- oder dreispaltig zu setzen. Dadurch verringert sich die Spaltenbreite und man findet am Ende einer gelesenen Zeile die nachfolgende schneller und ist so beim Lesen weniger angestrengt. Aber genug der Form!

Der Inhalt bietet locker zu lesende Interviews mit oben schon genannten Bands sowie den Lost Lyrics, Oralapostel, Popperklopper und weiteren, dazu Rezepte für Tofu und einen Cocktail, Kolumnen und Kommentare über zersägte Kiefer, altbekannte (und nichtsdestotrotz wichtige) Missstände und so weiter. Nette Sache auch der Glühbirnentext, der Marxschen Antikapitalismus auf eine sehr allgemeinverständliche Sprache herunterhebt und nebenher noch das antideutsche "Aufs Ganze"-Bündnis ein wenig auseinandernimmt. Leider war dieser Text dank mikroskopischer Schrift und langer Zeilen sehr anstrengend zu lesen (Soviel dann auch zu dem Wert, den es hat, wenn ich zu mir selber "Genug der Form!" sage).

Und wie immer gibt es eine CD-Beilage mit verschieden guter deutschsprachiger Punkmusik. Dabei werden die Baffdecks so historisch behandelt, dass ich mich alt fühle.

Taugenix-Fanzine

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Aktualisiert ( Donnerstag, 03. Dezember 2009 um 15:04 )
 


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