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The Opressed – „Antifa Hooligans“ CD

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The Opressed sind nach fünf Jahren Pause zurück und präsentieren eine Single mit drei neuen Coverversionen von Los Fastidios, Toots & The Maytals und Hot Chocolate. Und weil die CD mit drei Songs etwas mager wäre, sind noch 12 ältere Songs mit drauf, zu denen es leider auf der CD nirgends Infos gibt. Neuaufnahmen scheinen das nicht zu sein, sondern eher ein Sammelsurium von alten Single-Stücken – under anderem die komplette „Antifascist Oi!“-EP.

Die Best-Of-Zusammenstellung der Bonus-Tracks lässt die gräßlichen Aufnahmen mit den völlig unpassenden E-Drums dankenswerter komplett aus. Und somit ergibt das eine tolle Zusammenstellung von Mitgröhl-Oi!-Klassikern wie „Work Together“, „Sleeping With The Enemy“ und „Nazi Nightmare“, die mir weitaus besser gefällt als „The Best Of The Opressed“.

Stünde vor Track Nummer 4 nicht der Begriff „Bonus Tracks“, wäre dies natürlich einfach eine Best-of-CD mit drei neuen Titeln. Aber werfe ich doch mein Hauptaugenmerk nun auf diese drei neuen Stücke. „Antifa Hooligans“ von Los Fastidios ist ein grauenvolles Stück Songwriting, wenn ich mich so plump und aufdringlich verhalten würde, wie die Hookline dieses Songs, würde ich überall herausfliege – und das völlig zu recht. Noch schlimmer als Pennywises „Bro Hymn“. Die Opressed-Version von „Antifa Hooligans“ ist gnädigerweise etwas erträglicher als das Original – aber Freunde werden dieser Song und ich niemals.

Da gefällt mir „Monkey Man“ von den Maytals doch schon viel besser. Richtig klasse ist hier der Hot-Chocolate-Klassiker „Brother Louie“ (der auf dem CD-Inlay falsch geschrieben ist). Dieses Cover hat mich veranlasst, mir mal das Original anzuhören und festzustellen, dass Hot Chocolate ja wirklich mal sehr viel brauchbareres als „You Sexy Thing“ gemacht haben. 

The Opressed sind auch 2011 also noch oder wieder in guter Form. Dankbar wäre ich allerdings dem Tontechniker gewesen, wenn er die Hi-Hat nicht als vermeintlich wichtigste Klangquelle des Schlagzeugs so in den Vordergrund gemischt hätte. Dieses Gezischel macht mich ja ganz kirre.

(Mad Butcher)

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Aktualisiert ( Mittwoch, 22. Juni 2011 um 16:17 )
 

Klasse Kriminale – „The Klasse Kriminale Collection 1999-2001“ CD

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Ich kann mich meist nur sehr schwer von etwas trennen – obwohl ich niemals all das nochmal komplett hören werde, was ich an Musik besitze, geschweigedenn, dass ich das alles von vorne bis hinten kennen würde. Aber wenn ich mich dann doch mal durchringe, Ballast abzuwerfen, dann will das entweder niemand haben oder ich bereue es später. Warum zum Kuckuck habe ich die „Faccia a faccia“-Picture-LP (zusammen mit „Vivo/Live“ und „I Know This Boy“) von Klasse Kriminale aus meinem Haushalt entlassen!?

Nun kommen Klasse Kriminale zum wiederholten Male zu mir zurück. Letztes Jahr gab es schon die gelungene Neueinspielung einiger Klassiker auf „Kidz Property Since 1985” und nun geht es mit der Vergangenheitsbewältigung weiter. Hier auf einer CD versammelt finden sich die Alben „Stai vivendo o stai sopravvivendo“ („Lebst du oder überlebst du“, 2001) und das von Jimmy Pursey produzierte „Electric Caravans“ (1999) sowie die Single „International Soldier“. Nach der „I Know This Boy“ von 1999 sind die Folgealben allerdings damals an mir vorbeigegangen.

Es gibt druckvollen Punkrock mit gelegentlichen Offbeat-Ausflügen. Und das geht hier durchweg gut ins Ohr. Auf „Electric Caravans“ geht es insgesamt etwas verspielter zu und der Sound ist luftiger und räumlicher. „Stai vivendi …“ und „International Soldier“ sind dafür druckvoller durch den engeren Sound und Schlagzeuger Mauro, der auf „Electric Caravans“ noch nicht dabei war und mit mehr Punch und Drive spielt als sein Vorgänger – oder er ist vom Tontechniker einfach vorteilhafter in Szene gesetzt worden. 

Auf jeden Fall bekommt man auf dieser CD eine ordentliche Schippe voll Klasse Kriminale in sehr guter Form und dazu noch ein fettes Booklet, was sich gerade eben so noch unbeschadet ins Case zurückschieben lässt, mit Liner-Notes von Marco Balestrino himself in Italienisch und Deutsch sowie einem Haufen Bildmaterial aus den entsprechenden Jahren. Da darf man gerne zuschlagen.

Und wenn ich bedenke, dass mir „Faccia a faccia“ vor allem wegen der damaligen Sängerin und Gitarristin so gut gefiel, ist es vor dem Hintergrund ihrer späteren Rechtsrock-Karriere im UK garnicht so schlimm, dass ich die Platte nicht mehr habe. Ihre aktuelle Band heißt, vorneweg um ihren Namen ergänzt, auch Klasse Kriminale, sodass nun zwei Combos mit diesem Namen aber sehr konträrer politischer Haltung existieren.

(Mad Butcher)

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Aktualisiert ( Donnerstag, 23. Juni 2011 um 02:09 )
 

Doctor Krapula + Randale – 16. Juli 2011, JZ Kamp, Bielefeld

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Benutzerbewertung: / 5
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Was mich an diesem Abend ins Kamp gelockt hatte, war in erster Linie Randale. Die Band hatte angekündigt, ihr Kinderliederprogramm zum „Rock'n'Roll-Elternabend“ einmal ohne Rücksicht auf im Wachstum befindliche Kinderohren zu spielen – also mit ein bisschen mehr Schmackes und auch ohne Verzicht auf Alkohol und pädagogisch fragwürdiges Vokabular.

Bevor es losging, durfte ich noch eine sympatische Neubielefelderin kennenlernen. Meine Laune war dann auch auf dem Level, der nötig ist, um mir betont sonnige Musik mit Freude anzuhören. Aber vielleicht hätten mich Doctor Krapula ja sogar von einer Miesepetrigkeit abgeholt und mitgenommen. Das gilt es vielleicht noch irgendwann zu eruieren.

Aber erstmal gab es Bielefelds Monsters of Kinderrock auf der Bühne. Zum ersten Mal hörte ich Randale live in laut. Leider blieben Gitarre und Bass vom Volumen etwas hinter dem Schlagzeug zurück. Aber das war nur eine kleine Unzulänglichkeit. Die Band versprühte in ungedrosselter Form ihre volle Portion Spielfreude und die bekannten Kinderlieder bekamen einen ganz neuen Anstrich.

Die Ansagen inclusive Animationsprogramm übernahm Sänger Jochen größtenteils aus dem regulären Programm. Das heißt, auch an diesem Abend erklärte er dem Publikum, Skatanzen sei wie Dauerlaufen auf der Stelle, fragte in die Menge, wer sich regelmäßig die Zähne putze und bei wem der Zahnarzt schon mal gebohrt hätte. Da er an diesem Abend mal kein Funkmikro hatte, musste er auf die Anführung des Danse Polonaise zu „Auf der Mauer, auf der Lauer“ verzichten, delegierte dies dann aber auf mich. So führte ich also die mir hinten anhängende Raupe durch den Konzertraum.

Randale einmal in dieser Form war ein großer Spaß. Ich denke nicht nur der Hardrockhase Harald und ich würden uns freuen, wenn das bei Gelegenheit nochmal wiederholt wird.

Von Doctor Krapula hatte ich mir nicht wirklich viel erwartet. Ich ließ mir sagen, die wären toll und so wie Panteon Rococo. Toll und Panteon Rococo empfand ich als Paradoxum, weil ich Panteon Rococo immer als aufdringlich überdrehte Trallala-Musik empfunden habe. Also war mein Plan, mir ein paar Stücke von Doctor Krapula anzuhören und dann wahrscheinlich recht früh nach Hause zu fliehen. Nun kam mir aber erstmal zugute, dass ich bereits angenehm voramüsiert war und außerdem erwies sich Doctor Krapula als ein musikalisches Kaliber, was sich mit meinen Latino-Ska-Vorurteilen nicht decken wollte.

Doctor Krapula einfach stumpf in die Latin-Ska-Schublade zu stopfen, würde ihnen nicht gerecht, wenngleich es auch nicht komplett daneben wäre. Das Gemisch aus Reggae, Ska, Rock, Punk, Cumbia, weiteren Latin-Rhythmen, ein bisschen Hip-Hop und noch der einen oder anderen weiteren Zutat wurde sehr variantenreich gebraut, sodass keine Eintönigkeit aufkam. Und bei aller Sonnigkeit hatte das auch immer noch musikalische Tiefe.

Der Bassist ließ seine Finger locker über seine 5-Saiten huschen, als wär das nix und sprang dabei durch die Luft, als spielte er in einer Hüpfburg. Der Gitarrist streute virtuose Hardrock-Soli ein. Als kurzzeitig der Keyboarder/Akkordeonspieler und der Schlagzeuger alleine auf der Bühne gelassen wurde, sorgte vor allem das Solo des Schlagzeugers für begeistertes Erstaunen im Publikum.

Meine anfänglichen Vorbehalte waren schnell weggeblasen und an ihre Stellung war ausgelassene Begeisterung getreten und meine Beine wollte auch beileibe nicht lange stillstehen. Den wirklich ungenehmen Muskelkater in der linken Wade an den Folgetagen hatte ich aber definitiv nicht Doctor Krapula zu verdanken, sondern einzig und allein dem Randale-Song „Flummi“. Mir drängt sich da ja glatt eine neue Theorie zum Aussterben des Pogos in Deutschland auf. Pfiffigerweise trägt der Slamdance hierzulande den Decknamen Pogo, sodass das Fehlen des ursprünglichen Pogo-Tanzes meist nur den Punk-Senioren auffällt. „Flummi“ wird von Randale als Gegenmaßnahme für den Wiederansiedelungsversuch von Pogo in Kinderzimmern genutzt – ein löbliches Engagement.

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Aktualisiert ( Montag, 20. Juni 2011 um 15:14 )
 

Dark Skies over Lenzinghausen

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Was zwingend zu einem Geburtstag gehört, ist ja wohl Kuchen und Torte. Also machte ich mich an jenem Sonntag mit dem Fahrrad nach Spenge auf. Nachdem ich ein paar Tage zuvor, ca. 30 km bis nach Detmold geradelt war, waren die 17 km ja jetzt nur noch ein Klacks. Wäre da nicht dieser scheußliche Wind gewesen …

Erstmal erstrahlte über mir helle die Sonne. Doch nachdem ich einen Großteil der Strecke hinter mir hatte, wurde der Gegenwind immer schlimmer und ich versuchte mich auf dem Fahrrad in eine aerodynamisch günstigere Lage zu begeben, rechter Arm im rechten Winkel, linker mit dem Ellenbogen auf dem Lenker. Vielleicht war es nur Einbildung, aber in dieser ungemütlichen Lage kam mir das Fahren leichter vor. 

Fast angekommen musste ich dann doch mal ein Photo knippsen. Über mir alles hell und ein finsteres Dunkel am Horizont. Solch ein Anblick hat schon was; der Himmel fast schwarz, aber alles was davor kommt, saftig ausgeleuchtet. Da hoffe ich doch, dass dieser finstere Ausblick aus dem eitel Sonnenschein heraus nicht als Omen zu deuten ist, für was auch immer kommen mag. Andererseits war ich so rechtzeitig am Ziel, dass es erst richtig zu schiffen anfing, als ich just eben im Haus war. Bei einer Fahrt von etwa einer Stunde Dauer ein gutes Timing. Bei einem Unwetter rechtzeitig ins Trockene zu gelangen, fände ich auch im metaphorischen Sinne völlig okay.

Als sich das ungastlich nasse Wetter wieder verdrückt hatte, kamen meine zwei Nichten (4 und 8 Jahre alt) in den Genuss einer kleinen Radtour durch Spenge-Lenzinghausen gemeinsam mit ihrer Omma und ihrem Onkel „Kelz“. Meine spannendste Idee bei der Gelegenheit war es, zur Umgehung der Hauptstraße eine Abkürzung durch ein Wäldchen zu nehmen, in dem ich mich noch nie ausgekannt habe. Zwei ausprobierte Wege führten geradewegs in die Hintergärten fremder Leute. Aber die wichtigste Erkenntnis war trotzdem schlicht und einfach, dass viel zu kleine Fahrräder auch für vierjährige Mädchen sehr unvorteilhafte Fortbewegungsmittel sind.

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Aktualisiert ( Mittwoch, 11. Juli 2012 um 10:28 )
 

Orka feat. Oktopus – 20. Mai 2011, JZ Kamp, Bielefeld

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Benutzerbewertung: / 3
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Das könnte doch wirklich nett werden – den Eindruck vermittelten mir die Internet-Videos, die ich von Orka zu sehen bekam. Also stand das Freitagabendprogramm schnell fest: Orka feat. Oktopus im JZ Kamp. Da ich vorher nicht die Muße fand, mir die Videos aufmerksam und in voller Länge anzusehen, hatte ich nur einen sehr oberflächlichen Eindruck als Vorbildung für das Konzert.

Vor der Tür flogen dann Gesprächsfetzen herum, über das Vorprogramm, das irgendwie Hip-Hop sein sollte, aber eigentlich doch nicht, sondern so irgendwie grooviger. Also ging ich mir das Vorprogramm einmal anschauen. Ein dunkelhäutiger Mann mit Spiegelglatze stand hinter einer Technikbastion, drehte an Knöpfen und drückte hin und wieder auf einer Klaviatur herum. Das machte als Show nur sehr wenig her. Doch bald hatte er mich musikalisch am Haken. Es groovte in der Tat, es hatte eine Nähe zum Hip-Hop ohne so wirklich richtig Hip-Hop zu sein, es hatte Anklänge von Dub und Industrial – am passendsten wäre wohl die Genre-Bezeichnung IDM (Intelligent Dance Music). Aber vor allem war es bis zum Schluss ein spannendes Stück Musik. Und wer war das nun? Vom Vorprogramm hatte ich nix gelesen. Zum Ende des Sets verkündete der Musiker, man könne am Merchandise-Stand auch CDs seiner anderen Projekte bekommen, falls man sich für experimentellen Hip-Hop interessierte. Dort lagen dann unter anderem CDs von Dälek. Okay, alles klar, dann hab ich den auch schonmal gesehen. Und zwar mit Dälek, die ziemlich einzigartig sind. Die hatten vor ein paar Jahren mit Fantômas und Jello Biafra/Melvins in Köln gespielt.

Als dann Orka auf die Bühne standen, stand der Elektronikfrickler von Dälek wieder mit auf der Bühne. An der Stelle war mir dann auch klar, wer Oktopus ist. Orka kommen von den Faröer, einer Gegend von der ich bislang so ungefähr fast nix wusste, außer dass diese Inseln irgendwie zu Dänemark gehören. Die Faröer gehören wie auch Grönland als „gleichberechtigte Nation“ zum Königreich Dänemark. Es soll dort wohl eine sehr rege musikalische Szene geben, ähnlich wie in Island – nur dass man Färinger Bands außerhalb ihrer Heimat kaum kennt. Also schön, dass sich Orka aufgemacht hatten, das ein wenig zu ändern mit New Yorker Unterstützung von Oktopus.

Was Orka musikalisch auf die Beine stellten, ist so ziemlich das beeindruckenste, was ich in letzter Zeit so erlebt hatte. An ihrem Instrumentarium war nichts konventionell. Die Abteilung Percussion/Schlagzeug war noch das gewöhnlichste: ein Ölfass, Stahlköper, ein großflächiges Blech und ein Drumpad. Der Bass war ein langer, gerader Holzstamm, der mit einem einzigen Wäscheseil bespannt war – bespielt mit bloßen Fingern, Drumsticks und Streichbogen. Dazu noch ein sehr uriges Streichinstrument mit mehreren groben Saiten, ein Sampler und ein Haufen Effektgeräte.

Die Musik, die sie auf diesen Utensilien fabrizierten, war ebenso archaisch wie das Instrumentarium. Ein großer Einfluss dürfte skandinavische Folklore gewesen sein und ansonsten spielte es sich irgendwo zwischen Sigur Rós und Einstürzende Neubauten (in allen Phasen) ab – zwischen atmosphärisch und groovig-lärmig. Oktopus bettete dorthinein seine dräuenden Klangtepiche. Die Songtexte waren durchgängig in faröischer Sprache – eine Sprache über die man auf Wikipedia erfährt, dass sie diejenige ist, in der jährlich die meisten Bücher pro Muttersprachler erscheinen.

Nach dem eigentlichen Set trudelte die Band nach und nach wieder auf der Bühne ein, um noch ein Stück als Zugabe zu improvisieren. Erst wurde ein Ton in den Sampler gespielt, damit dann herumgespielt, dann darüber gespielt und Schicht um Schicht ergab sich etwas derart mitreißendes, dass das Publikum, nachdem die Band von der Bühne war, für mehrere Minuten nicht auf die Idee kam, nach Zugaben zu verlangen. Erst zäh stellten sich die Zugaberufe ein, die dann aber nicht mehr erhört wurden. Und letztendlich war auch klar: Dieser Abgang war nicht mehr zu toppen.

Orka

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Aktualisiert ( Mittwoch, 25. Mai 2011 um 18:31 )
 


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